Gelebte Inklusion: Sportvereine mit Thüringer Kinder- und Jugendsport-Preis geehrt
Am Rande des Bundesliga-Heimspiels der Thuringia Bulls gegen Münsterland zeichneten am 23. November der Landessportbund und die Thüringer Sportjugend zehn von insgesamt 21 Sportvereinen mit dem Kinder- und Jugendsport-Preis in Elxleben aus. Bei der siebten Auflage des Preises drehte sich alles um das Thema Inklusion. Bewerben konnten sich alle Thüringer Sportvereine mit ihren Projekten unter dem Motto „Gelebte Inklusion im Sportverein“.
Belohnung für gleichberechtigte Sportangebote
Ziel war es zum einen, diese gleichberechtigten Sportangebote zu belohnen und zum anderen öffentlich als Motivation und zur Nachahmung zu präsentieren. Bei der Bewertung stand nicht die „Größe“ des Projekts im Fokus, sondern das Vorhandensein eines Angebots, die Motivation zur Umsetzung und das dazu aufgebaute Netzwerk, um so als Vorbild für andere Sportvereine zu dienen.
RSB Thuringia Bulls sind Sieger des Wettbewerbes
Zehn von einer Fachjury ausgewählte Vereine erhielten nun in Elxleben jeweils 1000 Euro als Preisgeld. Die Rollstuhlbasketballer der Thuringia Bulls wurden dabei als Gewinner des Thüringer Kinder- und Jugendsport-Preises geehrt. Auf Platz zwei folgt die inklusive Klettertrainingsgruppe des Deutschen Alpenverbandes/Sektion Weimar. Dritter ist die DLRG Weimar; hier schwimmen Mitglieder mit und ohne Behinderung zusammen. Dahinter landeten sieben weitere Vereine auf den gleichberechtigten Plätzen vier bis zehn.
Gleichzeitiger Dank an ehrenamtliche Vereinsvertreter
Aaron Rommeley, Vorstandsmitglied der Thüringer Sportjugend, erklärte im Rahmen der Auszeichnungsveranstaltung: „Im Jahr der paralympischen Spiele erklärt es sich von selbst, dass wir uns dem Thema Inklusion widmen. Sport für alle ist ein wichtiges Anliegen des Thüringer Sports. Wir möchten Kindern und Jugendlichen, egal ob mit einer Beeinträchtigung oder ohne, die Möglichkeit geben, gemeinsam Sport zu treiben und somit gesund aufzuwachsen und soziale Kompetenzen zu erwerben. Mit dem Preis verbinden wir unseren Dank auch an die oftmals ehrenamtlichen Vereinsvertreter und Übungsleiter – ohne ihren Einsatz gäbe es keine gleichberechtigten Angebote.“
Sonderpreis geht an den WSV Trusetal
Insgesamt hatten sich 21 Vereine mit vielfältigen Projekten und Angeboten beworben – im Breiten- sowie Leistungssport. Auch die weiteren elf Vereine gehen nicht leer aus und erhalten zusätzlich zur Würdigung eine kleine Prämie in Höhe von 100 Euro. Der Preis wurde in diesem Jahr gefördert durch Jüttner Orthopädie. Das Unternehmen unterstützt bereits unter anderem den Rollstuhl-Basketball und den Behinderten- und Rehasportverband in Thüringen. Zudem hat Jüttner einen ausgelobter Sonderpreis „Inklusive Talentförderung“ ausgelobt, verbunden mit einem Preisgeld in Höhe von 500 Euro. Dieser geht an den WSV Trusetal. Hier trainieren Biathleten mit und ohne Behinderung gemeinsam und nehmen an Wettkämpfen teil.
Platz 1 – 3 mit einer Prämierung von jeweils 1000 Euro
RSB Thuringia Bulls (1. Platz): Dass die Thuringia Bulls für sportlichen Erfolg im Behindertensport stehen, ist weithin bekannt. Ausgezeichnet wird der Verein aber vor allem durch das hervorragende Jugendprojekt, der „School-Tour“, welches den Erfurter Schulen echte Inklusion greifbar macht und gleichzeitig durch gemeinsamen Sport sensibilisiert. Diese erfolgreiche und nachhaltige Arbeit wird mit dem ersten Platz des Kinder- und Jugendsportpreises inklusiv 2024 ausgezeichnet.
Sektion Weimar des DAV (2. Platz): In Weimar werden scheinbar mehrere sportlich erfolgreiche neue Wege begangen. Die Sektion Weimar des DAV bietet die einzige inklusive Trainingsgruppe im Klettern in Thüringen und hier wurde auch der erste anerkannte Kletterwettbewerb für Menschen mit Behinderung deutschlandweit durchgeführt. Zwar stehen Spaß und Gemeinschaft im Vordergrund, aber die sportlichen Erfolge verleihen den Sportlern mit Einschränkungen ein ungeahntes Selbstvertrauen und tragen damit dazu bei, die Lebensrealität vieler Teilnehmer zu verbessern. Das außergewöhnliche Engagement der Übungseiter, welche diese Erfolge erst möglich gemacht hat, verdienen es, mit dem zweiten Platz des Kinder- und Jugendsportpreises inklusiv 2024 ausgezeichnet zu werden.
DLRG Weimar (3. Platz): Bereits seit Gründung der DLRG Weimar schwimmen Mitglieder mit und ohne Behinderung zusammen. Der Verein leistet hervorragende Nachwuchsarbeit und hat mit dem Gewinn einer Goldmedaille durch eine Athletin bei der letzten Ausgabe der Special Olympics in Berlin auch beeindruckende sportliche Ergebnisse vorzuweisen. Diese sportliche Komponente in Kombination mit der Förderung eigenständigen Engagements (Sportlerinnen mit Einschränkung übernehmen auch Übungsleiteraufgaben) ist herausragend und wird mit dem dritten Platz des Kinder- und Jugendsportpreises 2024 ausgezeichnet.
Platz 4 – 10 mit der Prämierung von je 1000 Euro
Sektion Gera des DAV: Die Sektion Gera des Deutschen Alpensportvereins bietet auch inklusives Klettern an. In diesem Angebot kommen wöchentlich eingeschränkte und nicht-eingeschränkte Kinder zusammen, um gemeinsam ihren Sport auszuüben. Hier wird nicht nur das Selbstvertrauen der eingeschränkten Sportler gestärkt, sondern auch inklusives Bewusstsein bei allen anderen geschaffen. Wenn dies von Kindheitstagen an geschieht, profitiert später die ganze Gesellschaft davon.
VfB Oberweimar: Seit einer Laufguide-Schulung durch das Guide-Netzwerk Deutschland ist die beim VfB Oberweimar die Abteilung „Runclusive“ entstanden, welche mithilfe von Guides blinden Sportlern das Laufen ermöglicht. Momentan kann allen Kindern eine 1 zu 1 Betreuung geboten werden. So wird hoffentlich auch bei ihnen der Funke der Sportbegeisterung übertragen.
Basketball Löwen Erfurt: In Zusammenarbeit mit dem Christopheruswerk Erfurt geben die WAID Löwen Erfurt auch den geistig und mehrfach behinderten Bewohnern Erfurts eine Möglichkeit, inklusive Sportangebote wahrzunehmen. Ganz wie ihr Namensgeber möchte die Mannschaft die Erfurter Gesellschaft bereichern. Das tut sie äußerst erfolgreich, dafür wird der Verein „Basketball Löwen Erfurt“ ausgezeichnet.
Jenaer Behindertensportverein: Mit den Angeboten „Kindersport“ und „Familiensport“ bietet der Jenaer Behindertensportverein niedrigschwellig breitensportliche Programme an, die für wirklich alle offen sind. Hier wird eine Wohlfühlatmosphäre geschaffen, in der mit größter Rücksicht und in Achtung der Individualität aller Teilnehmer gemeinsam Sport getrieben werden kann.
SSV Erfurt Nord: Nicht nur langjährig etablierte Vereine verdienen Auszeichnungen, sondern auch jene, die den Willen zeigen, die Vereinsphilosophie umzuschreiben und aktiv inklusive Angebote schaffen wollen. Der SSV Erfurt Nord hat durch den Start einer Kooperation mit dem Thüringer Behinderten- und Rehabilitationssportverband, den geplanten Fortbildungen der Übungsleiter im Bereich Behindertensport und Inklusion und dem Start einer ersten gemeinschaftlichen Trainingsgruppe bewiesen, dass der Wille, den durchaus steinigen Weg, inklusiven Sport in einem großen Breitensportverein zu integrieren und zu fördern, da ist und sich damit für diese Auszeichnung qualifiziert.
Reitclub am Hainich: Speziell ausgebildete Pferde (und Übungsleiterinnen) ermöglichen Behinderten und Nicht-Behinderten Menschen, sich zusammen im Reitclub am Hainich kennenzulernen und so Barrieren im Kopf abzubauen. Dieses Konzept ist schon seit bald 2 Jahrzehnten erfolgreich und trägt damit dazu bei, Inklusion auch in die lokale Bevölkerung zu tragen. So ein langfristiges Engagement verdient Anerkennung, welche durch die Verleihung des Preises gegeben werden soll.
Jena Caputs: Die Jena Caputs zeichnen sich durch ihr besonderes Engagement im Bereich des Schulsportes aus. Dort eröffnen sie den Kindern einen Einblick in die Lebensrealität von Rollstuhlfahrern und führen Interessierte an den Rollstuhlsport heran. Selbstverständlich bieten sie auch offene Trainingsgruppen an, in denen jeder willkommen ist, sich persönlich weiterzuentwickeln und seine (sportlichen) Ziele zu erreichen.
Jüttner Orthopädie vergibt Sonderpreis
WSV Trusetal: Der Wintersportverein Trusetal ist der erste und einzige Verein, welcher einen Sportler mit Beeinträchtigung an den Olympiastützpunkt Oberhof entsenden konnte. Die erfolgreiche und vielversprechende Förderung eines paralympischen Talents wird mit dem Sonderpreis ausgezeichnet. Seit 2020 gibt es im Verein einen Sportler im Verein mit Sehbehinderung. 2023 kam ein weiteres Kind mit Mikromelie hinzu. Beide Sportler wurden in die vorhandenen Trainingsgruppen integriert – dazu gehören auch Wettkämpfe und Trainingslager. Erfolge: DM 2023/24 im Parasport Biathlon.
Würdigung ihrer Teilnahme und Prämierung mit je 100 Euro
Handicap-Sports-Club Erfurt: „Wir messen nicht nur die Erfolge in Medaillen, sondern vor allem am neuen Lebensgefühl für die Kinder und Jugendlichen, mit gewachsenem Selbstvertrauen und dem Spaß am gemeinsamen Training.“ Der Handicap-Sports-Club Erfurt ist ein kleiner Verein, der aber seit über 30 Jahren konstant internationale Spitzenleistungen in der Para-Leichtathletik hervorbringt. Ein prominenter Name ist Isabelle Foerder, achtmalige Teilnehmerin und vierfache Medaillengewinnerin bei den Paralympics. Um diesen Erfolg aufrechtzuerhalten, betreuen engagierte Übungsleiter*innen einmal wöchentlich junge Nachwuchssportler mit und ohne Handicap. Zudem besteht ein Netzwerk mit mehreren Schulen.
Sportverein Hermsdorf Thüringen: Mit ihrem Projekt „Handball für alle“ bietet der SV Hermsdorf seit 2022 ein sportliches Angebot für Mitglieder des Arbeiter-Samariter-Bundes (Ortsverband Hermsdorf) an, im Mai 2023 kamen Schüler*innen der Förderschule Hermsdorf dazu. Rund zwei Stunden wird nun gemeinsam mit viel Freude und Eifer trainiert, angeleitet von den zwei lizenzierten Übungsleiterinnen Ingrid Schieferdecker und Lenni Uhle sowie Spielerin Hanna Dörfer. Unterstützung kommt auch von der 1. Männermannschaft. Das Projekt wurde sehr gut angenommen, sodass es in Zukunft auf weitere im Verein angebotene Sportarten ausgeweitet werden soll.
Reit- und Fahrverein Großwechsungen: Ursprünglich wurde das Projekt „Horsetime“ des ländlichen Reitsportvereins Großwechsungen konzipiert, um Kindern der Umgebung aus finanziell schwächeren Familien Zugang zum Reiten und zu Pferden zu ermöglichen. 2023 wurde das Projekt in Zusammenarbeit mit einem Netzwerk an sozialen Einrichtungen sowie Schulen und Kindergärten ausgeweitet, um auch Kinder mit Einschränkungen einzuladen. Nach einem „Tag der offenen Tür“ findet nun jeden 1. Samstag im Monat für 2,5h ein „Horsetime“-Vormittag statt. Der Ansturm ist riesig und die Mitglieder stellen extra ihre Privatpferde zur Verfügung – aus Überzeugung.
Sportclub 09 Effelder: Im SC Effelder ist man offen für jegliche Sportinteressierte. Alle Angebote sind für alle Interessierte da, es wird mit größtmöglicher Rücksicht für gearbeitet. Mithilfe eines großen Kooperationsnetzwerkes bietet der Verein eine Anlaufstelle für alle inklusionsbedürftigen Kinder der Region.
Reit- und Fahrverein Waldhof: Im Reit- und Fahrverein Waldhof wurde ein Ort geschaffen, an dem Menschen mit und ohne Behinderung als gleichwertige Mitglieder zusammenkommen, um gemeinsam Sport zu treiben und mit dem Partner Pferd in Kontakt zu treten. Die Liebe zum Pferdesport verbindet alle Beteiligten und fördert ein Miteinander, das über Unterschiede hinweggeht. So wurde das bereits bestehende Angebot der Hippotherapie erweitert. Mit der Teilnahme am Tag der Inklusion 2023, den Special-Olympics-Trainingstagen auf der Vereinsanlage sowie der erfolgreichen Teilnahme physisch und psychisch beeinträchtigter Sportler an Voltigier -Turnieren geht dieser Wunsch in Erfüllung. Ehrenamtliche Mitglieder des Vereins haben sich vernetzt und neue Kontakte zu Landesverbänden, Stiftungen und weiteren Inklusionsangeboten geknüpft, was die Reichweite und den Einfluss des Vereins weiter stärkt.
Weidatalcross: Das Weidatalcross ist einer der härtesten Läufe, die Thüringen zu bieten hat. Seit sechs Jahren begleiten die Organisatoren Luca mit Down-Syndrom. Von einem zaghaften Start, bei dem er den Schlamm scheute, bis hin zu beeindruckenden Leistungen, indem er nicht nur die 8 km-, sondern auch die 17 km-Strecke bewältigte, hat Luca bewiesen, dass Hindernisse kein Hindernis für seine Leidenschaft sind. Diese inspirierende Entwicklung nahm der Verein zum Anlass, in Zusammenarbeit mit der ASB Behindertenhilfe- und Rehabilitations in Gera elf Menschen mit Beeinträchtigung auf ihrem Weg zum Absolvieren des Weidatalcross zu helfen. Und Luca dient dabei als Botschafter.
SG Blau-Weiß Ershausen: In Kooperation mit dem ortsansässigen St. Johannesstift veranstaltet die SG Blau-Weiß Ershausen schon lange inklusive Sportfeste und Fußballspiele oder stellt Material zur Verfügung. Seit letztem Jahr gibt es nun ein konstantes Angebot im Padel-Tennis, welches sich aus einer Schul-AG etabliert hat. Nach 30 Minuten Trainingszeit kommen im Anschluss Bewohner*innen des St. Johannesstift hinzu. Ab dem Moment agieren die Schülerinnen und Schüler als Tandems-Trainer und unterstützen die Sportler*innen mit Beeinträchtigung.
Thüringer Sportverein Eisenach: Die Blue Lions Eisenach haben es sich auf die Fahne geschrieben, den Handball auch als Alternative im Rollstuhl anzubieten. Seit 2021 trainiert das Team regelmäßig und nimmt an Turnieren teil. Ziel ist es, sich für die im Aufbau befindliche Rollstuhlhandballbundesliga zu qualifizieren. Die Leitung und das Training verantwortet Bernd Fichtner – Referent Inklusion und Rollstuhlhandball im Thüringer Handball-Verband, Jugendwart im ThSV. Bernd Fichtner war bis zu seiner MS-Erkrankung, die ihn mittlerweile an den Rollstuhl bindet, selbst Bundesligahandballer beim ThSV Eisenach. Hier wird die erfolgreiche Handballtradition des THSV Eisenach untern dem Motto „Inklusion“ fortgesetzt.
Spirit of Football: Spirit of Football nutzt schon seit Jahren die verbindende Kraft des Fußballs, um Menschen zusammenzubringen und eine vielfältigere und respektvollere Gesellschaft zu fördern. Mit ihrem Projekt „Unified Football“ engagieren sie sich seit 2021 für Menschen mit geistiger Behinderung. Die regelmäßig stattfindenden inklusiven Trainingsangebote bieten die Möglichkeit, in Austausch zu kommen, Gemeinschaft zu bilden und sich weiterzuentwickeln jenseits von Werkstätten und Sonderschulen, sondern eben gemeinsam! Ziel ist es, Barrieren zu brechen.
Rehasportverein Mühlhausen: „Ich lebe ohne Hindernisse“ – die Abteilung ILOH des Rehasportvereins Mühlhausen hat es sich zum Ziel gesetzt, Barrieren gegenüber behinderten Menschen durch Begegnung und Miteinander abzubauen. Dafür werden regelmäßige Sportkurse für Personen mit und ohne Handicap angeboten, in denen die Mitglieder vor allem die Vielfalt der Sportmöglichkeiten von Rollstuhlsport in der Sporthalle, im Alltag oder durch Rad- und Wanderausflüge in der Natur gemeinsam erleben. Auch Rollstuhlhandball, Boccia sowie Lasergewehrschießen laden zum Mitmachen ein.